Heinrich Fischer, Personzug mit Gepäckwagen

Manchmal tauchen noch Modelle auf, welche bisher noch völlig unbekannt waren. In der Sammlung ist jetzt ein Gepäckwagen gelandet, welcher zwar ungemarkt ist, aber durch Vergleiche mit anderen gemarkten Modellen bin ich sicher, das er von Heinrich Fischer ist.

Im Issmayer Buch von Michael Bowes ist ein Metropolitan Railway Triebwagen zu finden, welcher genau dies Fahrwerke hat.

Sehr ungewöhnlich finde ich die Machart, nur die Seitenwand wurde mit Holzmaserung bedruckt. Türen und Vorbauten haben das nicht.









Einen passenden Personenwagen hatte ich schon länger.



Und noch als Zug mit passender Lokomotive. Die Lok wurde schon mal einzeln vorgestellt, siehe:

Fischer Lok



Noch etwas kurioses. Obwohl die Fahrzeuge aus unterschiedlichen Quellen stammen haben alle die gleiche vermurkste Kupplung, anscheinend hat man bei Fischer eine ganze Serienproduktion verschoben gestanzt. Bei anderen Modellen ist das nicht, da ist das Loch genau mittig in der Kupplung.



mit bestem Gruß
Arne

Hallo Arne, ich wartete, besser gesagt, hoffte schon auf diesen Beitrag!
Eine echte und schöne Kuriosität, gratuliere!
VG, Sandor

Auf den Beitrag habe ich auch schon fast gewartet, nachdem ich beim Bieten frühzeitig ausgestiegen war. Man sollte sich bei diesen Exoten fast absprechen.

Ich schätze diesen Wagen auf um 1905. Die Qualität und Form der Pressräder von H. Fischer ist fast so "schlecht" wie die von Bub bei den frühen Wagen. Könnte man da bitte ein Bild von den Radinnenseiten bekommen um das genauer vergleichen zu können...

Ich bin dann auch ausgesteigen weil ich hoffte, den Wagen hier wieder zu sehen. Und so ist es ja auch. Super Zug, ich gratuliere!!

Und die seltsame Fensteranordnung am Personenwagen bringt mich gleich auf eine Idee, aber dazu später.

Zitat von snroettg im Beitrag #3

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Ich schätze diesen Wagen auf um 1905. Die Qualität und Form der Pressräder von H. Fischer ist fast so "schlecht" wie die von Bub bei den frühen Wagen. Könnte man da bitte ein Bild von den Radinnenseiten bekommen um das genauer vergleichen zu können...

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Hallo Arne,

Klasse, besten Dank!

Das bestätigt einen Verdacht: Die Achsen sind sehr ungewöhnlich. Ich habe einen ähnlichen Wagen, an dem auch solche Achsen dran sind. Ich hatte diesen bisher wegen der schlecht umgebördelten welligen Räder tendenziell Bub zugeschrieben, aber im Detail waren zu viele Unterschiede als dass ich eine sichere Zuordnung gemacht hätte. Insbesondere ein Detail war sehr merkwürdig:

Für die Achsen wurde ein ganz bestimmtes Stangenmaterial benutzt, das bei keinem anderen Hersteller in dieser Form bisher aufgetaucht war. Es unterscheidet sich von diesen dadurch, dass es eine hauchdünne kupferfarbene Oberflächenbeschichtung hat. Die Achsen schimmern dadurch leicht rötlich und an den Stellen, wo die Achsen im Lager laufen, ist die Beschichtung abgerieben. Diese silbrig glänzenden Stellen bzw. die rötliche Färbung sieht man auch in Deinem Bild.

Dieses spezielle Material ist anscheinend ein Merkmal von sehr frühen Wagen von H. Fischer. Bei späteren Wagen gibt es das nicht mehr. Also wahrscheinlich nur bis ca. zum 1.WK.

Leider sind die Achsen auch häufig ausgetauscht oder verwechselt worden, so dass man sich auf dieses Merkmal nicht verlassen kann. Und man sieht es auch erst, wenn man den Wagen auseinandernimmt, d.h. auf ebay Bildern ist es kaum zu erkennen. Aber dass diese Achsen sowohl an meinem Wagen, als auch an Deinen Wagen und dem Tender trotz unterschiedlicher Herkunft konsistent dran sind, ist schon ein starkes Indiz dafür, dass dieses spezielle Merkmal H. Fischer zuzuordnen ist.

PS: Ich könnte mir vorstellen, dass diese Schicht eine Art Lack ist, der gegen Korrosion schützen soll und der vom Zulieferer des Materials zum Schutz aufgetragen wurde. Für Achsen wäre das eigentlich nicht nötig gewesen. Das Stangenmaterial war aber wahrscheinlich ein Massenprodukt, das nicht nur an H. Fischer geliefert wurde sondern auch an andere Firmen, so dass ein solcher Schutz trotzdem in der Zuliefererkette Sinn gemacht hat.

Schweißdraht hat diesen Überzug.

Die Achsen sehen so ähnlich wie Schweißdraht aus, das stimmt. Wegen des Alters nur deutlich korrodierter. Schweissen war aber um 1905 noch kaum verbreitet. Die Frage ist, wie die kupferne Oberfläche damals hergestellt wurde und zu welchem Anwendungszweck.

Prinzipiell kommen elektrochemische oder Aufdampfungsverfahren in Frage. Sowas war in Nürnberg um 1900 ein alteingesesses Handwerk. Rauschgold, Metallgespinnste, Geflechte usw. wurden mit ähnlichen Verfahren in allen möglichen metallischen Farbschattierungen hergestellt und als Ausgangsmaterial für das Kunstgewerbe in alle Welt verkauft.

Die Achsen sind dem heutigen Schweißdraht wirklich sehr ähnlich. Habe es mal ausprobiert, 2 mm Draht lässt sich mit einer kräftigen Zange auf gleiche Tiefe wie die Achse pressen.



mit bestem Gruß
Arne

Ich denke, das Kupfer diente beim Ziehen als Schmierstoff.

Die Kupferschicht diente tatsächlich der Schmierung beim Drahtziehen. Hier die entsprechende Beschreibung aus dem technischen Lexikon von Otto Lueger:

"Man unterscheidet trockenes Ziehen und nasses Ziehen; letzteres wird besonders bei dünnen Drähten angewendet. Man läßt den Draht zur Verminderung der Reibung vor dem Eintritt in das Zieheisen durch ein Oelbad oder einen mit Oel getränkten Lappen treten, auch führt man ihn durch saure Bierhefe, die von einer Baumölschicht bedeckt ist, oder man setzt dem Beizwasser etwas Kupfervitriol zu, wodurch der Draht schwach verkupfert wird und das Kupfer die Schmiere ersetzt."

Das wäre also geklärt: die Achsen von H. Fischer wurden mit Kupfervitriol als Gleitmittel gezogen.

Noch eine Ergänzung zur Anwendung des Kupfervitriols:

Nach dem Auswalzen des Ausgangsmaterials haben die Rohlinge eine Stabdicke von etwa 5mm (sog. Knüppel) und eine Oberfläche aus Eisenoxid, dem sog. Glühspan. Dieser muss vor dem Drahtziehen entfernt werden. Dazu wird ein Bad aus Schwefelsäure verwendet, das sog. Beizwasser. Setzt man dieser Beize Kupfervitrol (heute Kupfer(II)-sulfat-Pentahydrat) zu, so entsteht unter Einwirkung der Schwefelsäure eine verkupferte Oberfläche, welche beim anschließenden Ziehen durch das Zieheisen den Draht schmiert.

Na da bin ich wirklich beruhigt, dass mein relativ spontaner Einwurf so eine wissenschaftliche Tiefe hatte.

Übrigens fand ich bei Bub (an der 01 der 30er) auch Kupferspuren auf dem Blech am Führerhaus und Zylindern usw. Ich hatte da mal eine die neu lackiert werden musste.

Ja, ein sehr guter Tipp. Mit dem richtigen Stichwort findet sich dann auch schnell die passende Erklärung.