Spur 0 - alles außer Märklin und Bing » [Issmayer] Weichen um 1900

Bei seltenen Weichen kann ich mich nicht zurück halten und so wanderte diese Kreuzungsweiche in Spur 0 zu mir.
Das Teil ist uralt und ich würde gern den Hersteller erfahren.

Die Stifte sind eingelötet und fallen durch die Spitze wie ein Nagel auf. Unterzüge sind mit gezogenem Messingprofil gemacht, so wie das auch Märklin verwendete. Es gibt keine Verbindungsklammern oder Löcher dafür.

Typisch finde ich die Hemmung der Stellhebel mittels Federdrahtbügeln, de sich über einen durch die Schwelle gezogenen Draht abstützen. Das ist sehr reparaturfreundlich und soft zu bedienen.

Ein schönes Detail sind die lasierend farblich angesetzten Stellhebel in Rot uund Blau. Dazu waren auch die Weichen passend markiert womit man die Stellhebel nicht verwechseln konnte.

Hallo,

sind die Spitzen der Gleisverbindungstifte gedreht ? So weit ich das sehe, ja. Dann ist das Carette.

Und die Weichenstellhebel in dieser Ausführung stammen auch von Carette.

Schönen Gruß
Udo

Nach dem Ausschlussprinzip habe ich inzwischen aussortiert: bzw. eingegrenzt.

Schoenner: Die Stellhebel sind offenbar aus Blech gestanzt und wirken wie aus einem Stück. Die Stellstangen laufen über der Schwelle und bei Sonderweichen (Dreiwegeweiche) sind die Stellhebel auf einer Seite angebracht unbd nicht gegenüber. Eine Kreuzungsweiche fand ich in den Katalogen nicht.

Plank: Bereits im Katalig 1903 haben die Gleise Wechselstifte und es gibt keine Sonderweichen.

Carette: Hatte 1911 eine "Curved Switches", die zwar Doppelstifte hatte, aber beide Stellhebel nach einer Seite und zudem hatte Carette die Stellstangen über den Schwelle und nicht innen. (englischer Katalog 1911). Zudem hatte Carette schon sehr frühzeitig die seitenlichen Klammern zur Gleisbefestigung. Allerdings sind die Stellhebel sehr ähnlich. Jedoch sind offenbar die senkrechten Stangen (aus Blech?) durch das Bleigewicht durchgezogen und schauen oben als "Handgriff" heraus. Bei meiner Weiche ist oben am Blei ein Knubbel angegossen.

Derzeit sieht es nahe bei Carette aus aber ich bin noch nicht überzeigt. Einzig die typisch spitzen Stifte (die aber nicht gedreht sondern geschliffen sind - man sieht Mikrorillen parallel zur Längsachse des Stiftes) tendieren dahin und grundsätzlich auch die Form der Stellhebel.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist es Nürnberger Produkton - aber welche?

Mir ist aufgefallen, dass der Winkel der Gleisverbindungsstifte 60° beträgt. Bei Carette waren das 90°. Möglich auch, dass da jemand nachgeschliffen hat, denn Drehen war ja schon aufwändig, aber Schleifen war im Hinblick auf Kostenersparnis ein no-go.

Auf jeden Fall ist das Teil, wenn es von Carette sein sollte, älter als 1911. In diesem Jahr gab es schon ziergeformte Verbindungsbleche bei dem Weichensattel und die Böcke für den Weichenstellhebel waren aus starken Blech (1,4 mm) gestanzt und nicht mehr gegossen. Auch die Federung für den Weichenstellhebel war ein im unteren Kasten angenietetes Federblech. Ich muss sagen, diese hier gezeigte Federung für den Stellhebel hat schon etwas für sich.

Zu den Stellstangen: Durch die Formgebung bedingt hat Carette die Stellstangen so ausgearbeitet, dass diese im Bereich der Schienenunterquerung zum Schienenstuhl durch eine länglich eingestanzte Nute liefen, in die man einen Tropfen Öl eingeben konnte. BING hat das später ähnlich gemacht mit einer kleinen ausgeprägten Versenkung, die so geprägt wurde, dass der Boden durchrissig wurde. In diese Versenkung gab man einen Tropfen Öl, damit die unter der Stellhebel-Schwelle liegenden Bleche und Drähte leicht geölt waren.

Schönen Gruß
Udo

Die Stellhebel von Carette haben üblicherweise einen angegossenen Griff. Dieser fehlt bei dieser Kreuzungsweiche. Hier die alte Kreuzung von Carette (um1906) bevor die seitlichen Schienenverbindungshaken eingeführt wurden:



Wenn die Weiche von Carette ist, dann muss es eine noch ältere Version von vor 1905 sein.

Wenn ich das richtig sehe, hat die Kreuzungsweiche von Ypsilon angegossene Griffe.

Es ist natürlich möglich, dass bei meiner Weiche oben Griffstücke abgebrochen sind.
Die Abbildung hatte ich auch gesehen, aber da ist eben sehr viel anders als bei meiner Weiche.

@Udo: Die Griffe bei den Carette Weichen sind ziemlich lang - so wie auf der Abbildung. An der Weiche von Y sind nur kurze Knubbel dran. Außerdem ist auf den Carrette Hebelgewichten ein R und ein L eingegossen - keine Pfeile.

Nachdem Carette aber schon lange vor 1905 Schienen hergestellt hat, kann es durchaus eine sehr alte Version sein. Aber dann muss man auch Schoenner, Plank, Falk etc. in Betracht ziehen. Mangels früher Vergleichsstücke ist eine sichere Zuordnung nach dem Ausschlußprinzip aber schwierig.

Kann durchaus auch ein anderer Hersteller vor und nach Carette gewesen sein oder auch zur Zeit von Carette. Wer in Nürnberg und anderswo Eisenbahnen hergestellt hat, hat in der Regel dafür auch Gleise verkauft. Da denke ich an Rissmann, Ettinger, Blumhardt usw. usw., von denen wir noch keine Gleise zuordnen konnten, weil niemand den Hersteller kennt. Iwo liegen diese unbekannten Gleise in Kisten und schlummern vor sich hin (wie bei mir die drei Gleise von Rock & Graner), bis sie plötzlich zum Kauf angeboten werden wie hier die Kreuzungsweiche von Ypsilon.

Die Machart erinnert schon eher an Carette. Einen anderen Hersteller kann man hier aber leider auch nicht 100%ig ausschließen. Ein späteres Baujahr als 1910 kann man aber schon aufgrund der Bauart ausschließen. Wahrscheinlich ist die Weiche sogar noch deutlich älter. Die farbliche Markierung ist schon einzigartig. Solche Gimmicks hat man sich bei der Massenproduktion sehr schnell abgewöhnt. Auch ein Indiz für ein sehr frühes Baujahr.

Hier ein Bild einer Schoenner-Weiche, komplett und ziemlich guter Zustand, d.h. Kleinteile optimal erhalten. Bild vom Frankfurter Stammtisch.



Viele Grüße
Wolfgang

Die Schoenner Weiche hat also auch einen angegossenen Griff ist aber nicht identisch zu dem hier gezeigten Hebel. Ich würde jetzt langsam der Vermutung von Y zustimmen, dass die Griffe abgebrochen sind: Ein Knubbel ist oben schräg, der andere nicht. Bei Guss kann das eigentlich nicht sein. An den Seiten sieht man Gussgrate, oben nicht. Auf dem letzten Foto glänzt es oben etwas heller. Also wahrscheinlich beide Griffe abgebrochen?

Dank Wolko kann man Schoenner ausschließen. Bub hatte keine angegossenen Griffe. Issmayer schon, aber die Gewichte haben eine dünnere Form (siehe Foto unten).

Also kann man Schoenner, Bub und Issmayer ausschließen und Carette bleibt im Bereich des Möglichen. Was bleibt sonst übrig? Von den üblichen Verdächtigen Plank und Falk. Jemand Fotos von einer Plank/Falk Weiche?



(eine bessere Rausvergrößerung hab ich leider nicht, und eine Issmayer Weiche ist mir leider bisher auch nicht über den Weg gelaufen)

Aus dieser Perspektive stimmen die Proportionen des Hebels und ja, ich denke sie sind abgebrochen. Die Hebel gehen sehr leicht zu stellen. Durch normale Bedienung wird das nicht zerstört worden sein. Aber beide Lagerböcke sind auch repariert, und zwar zu einer Zeit als das Weißblech noch frisch war. Also vor über 100 Jahren. Das heißt die Kinder waren damals schon schwer zugange und dann waren eben de Hebel futsch. Dir Weiche lädt ja auch ein zum Rumrangieren.

Mich wundert aber dass wir uns an den Hebeln festbeißen und die Federmechanik nicht diskutieren. Sie erscheint mir sehr typisch.

Zitat von ypsilon im Beitrag #1

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Die Federung: Ich habe in Beitrag #4 auf die Ungewöhnlichkeit hingewiesen. So eine Ausführung habe ich noch nie gesehen.

Zur Farbe der Stellhebel: Märklin hat ab ca. 1892 teilweise die Schwellen farbig gestaltet.

Mangels Vergleichsexemplaren kann man eigentlich nur Bilder zum Vergleich heranziehen. Auf diesen ist eher selten die Unterseite zu sehen, obwohl sie natürlich sehr typisch wäre. Als sichtbares Vergleichsmerkmal eignet sich daher vor allem der Gusshebel.

Es gibt neue Erkenntnisse zur Kreuzungsweiche.

1. Man sollte immer mal im eigenen Archiv kramen und die angefangenen Projekte begutachten.
2. Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr in einer Pandemie ist dafür eine gute Zeit.

3. Der Stellhebel war original mit einem balligen Griffstück und einem Mini-Knubbel ausgestattet, die Stellhebel an der Kreuzungsweiche sind abgebrochen.
4. Im Bowes-Buch "Missing Catalogue" sind auf den ersten Seiten Weichen von Issmayer abgebildet, die meinen Weichen nahe kommen. Seite 11, 12 und besonders 14. Im ertsten Bowes-Buch findet man auf Seite 71 weitere Abbildungen. Sie sind in kleinen Details abweichend (Stellhebelbock voll gezeichnet), grundlegend aber passend. Eine Kreuzungsweiche ist nicht dabei. Die Bilder werden zwischen 1898 und 1902 datiert.

5. Die Stifte sind nicht gedreht und nicht abgezwickt. Sie weisen eine typische Riffelung auf. Sieht man in der Makroaufnahme gut. Meine Theorie dazu ist, dass hier abgescherte Stifte in einer Vorrichtung spitz geschliffen worden sind. (Dann müssten die Spitzen leicht konkav sein, kann ich aber nicht bestimmen). Oder der Trennvorgang erfolgte rollend, mit einer Art V-förmigen Messer, besser mit einem Messerpaar, das sich gegenläufig bewegte und damit den Stift rollend einerseits zur Spitze formt, andererseits auch trennt.

Nach all dem bin ich derzeit der Meinung, hier sehr alte (wenn nicht gar die ersten) Weichen von Issmayer gefunden zu haben. Sie stehen in der Qualität in keinster Weise den Produkten von Märklin oder Bing aus dieser Zeit nach.

Nun eine These: Sie belegen zudem, dass Issmayer um 1900 gewillt und in der Lage gewilllt war, ein komplettes Gleissystem mit Normalweichen, Gabelweichen, Kreuzungen, Bremsgleisen, Parallelgleisen usw. aufzubauen.

Nun lasse ich mal die Bilder sprechen.











Die Weichenlaterne ist unverändert original. In manchen Bildern wird sie mit langem, hohen Schaft dargestellt. Dazu müßte nur das Röhrchen verlängert werden. Aber beim Spiel dürfte das schon nach kurzer Zeit abgebrochen sein und daher vermute ich, dass in der Nachfolgesaison die Laterne kurz hergestellt wurde.





An dieser Weiche fehlt ein Querstift, der am Fuß des Stellhebels eingelötet wurde. Das muss noch ergänzt werden. Siehe Bilder der Krezungsweiche.

Ebenso fehlt an der Weiche ein Querdraht, der durch die Schwelle gezogen wird und der die offenen Enden der "Haarnadelfeder" abstützt.

Hallo,

durch Ypsilon angeregt, bin ich in die hinterste Ecke der Belegmustersammlung gestiegen. Das Ergebnis dieser Expedition in Form einer rechten Issmayer Weiche bringe ich zum HTS Forum mit. Die Arretierung erfolgt wie bei den vorgestellten Mustern, auch das querliegende Drahtstück am Hebelende ist noch vorhanden.

Wahrscheinlich muss man Issmayers einteilige Lösung vor folgendem Hintergrund sehen. Märklin führte schon 1896 zweiteilige Kreuzweichen ein, die man natürlich flexibler einsetzen konnte. 1897 wurden diese durch das Gebrauchsmuster 70 948 geschützt: "Doppelweiche für Spiel-Eisenbahnen mit zwei tangierenden Kurvensträngen, die durch Einschaltung einer Doppelweiche auch als Kreuzung benutzbar sind". Auf diesen Schutz machte ein aufgelötetes Messingschild mit "GEBRAUCHS MUSTER" unmissverständlich aufmerksam.


Viele Grüße,

Bodo

Wenn man alles zusammenfasst, dann haben die Kreuzweiche und die Issmayer Weiche die folgenden charakteristischen Merkmale gemeinsam:

* Drehstuhl gleich aufgebaut
* Stellhebelbock gleich aufgebaut und gleich festgelötet
* Gleiche Befestigung des Hebels mit Unterlagscheiben
* Gleiche Befestigung des Zugs am Drehstuhl mit Unterlagscheibe
* Stiftenden gleich angespitzt
* Gleiche unterseitige Rastmechanik für den Stellhebel
* Hebel zwar nicht 100%ig identisch, aber von der Machart mit Pfeilen und Gusshandgriff vergleichbar

Das sind so viele übereinstimmende Merkmale, dass man schon davon ausgehen kann, dass beide vom gleichen Hersteller sind.

Wenn man jetzt noch durch Abmessen eine gewisse Gleichheit herstellen könnte, wäre das eine letzte Bestätigung. Gibt es Bauteile mit den gleichen Abmessungen wie z.B. Schwellenbreite und Höhe, Stiftdicke oder Stellhebelstangendicke?

Gratulation zum Fund dieser (ziemlich sicheren Issmayer) Kreuzungsweiche!

@Bodo: Den Faden weitergesponnen erklärt das vielleicht auch die frühe Carette-Weiche mit der fixen Doppelfunktion als Kreuzweiche, aber den einseitigen Stellhebeln. Das ist ja dann vielleicht eine Unterscheidung sowohl zu Märklin wie auch zu Issmayer. Soweit die These. Interessant wäre wann Bing mit so einer weche auf den Markt kam.

Das könnten unsere Experten der DRP und DRGM mit Recherchen unterstützen.

Zum HTS-Forum muss ich mir eine Notiz machen damit ich meine drei Weichen auch mitbringe. Ist bei Dir eine Laterne erhalten? Ich habe leider nur die eine, aber immerhin!

@Stefan: Für die Nürnberger Blechbahnarchäologen noch ein paar Abmessungen:

Schienenhöhe:
DKW: 9,74 bis 9,79 mm
Weiche: 9,54 - 9,62 mm

Schwellenbreite 14,5 bis 17 mm

Breite Stellschwelle: DKW: 26,5 und Weiche 19,8 mm
Länge Stellschwelle: DKW: 158 mm, Weiche 120 mm.

Schwellenhöhen zwischen 6,5 und 7,8 mm

Länge längste Schwelle der Weichen: 170 mm

Durchmesser der Stifte: 2,72 bis 2,83 mm
Stifte alle eingelötet.

Stellhebelstangendrahtdicke: 1,34 bis 1,36 mm, also 1,35 im Mittel.

Zitat von ypsilon im Beitrag #19

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Interessant wäre wann Bing mit so einer weche auf den Markt kam.

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Zitat von ypsilon im Beitrag #16

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Die Weichenlaterne ist unverändert original. In manchen Bildern wird sie mit langem, hohen Schaft dargestellt

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Wie man sieht: Unentweg aufpassen !!!

Sehr gut, Danke! Ich erinnere mich an dieses Konvolut auch, jetzt wo die Bilder da sind.

Der Stellbock ist aus Blei und dem Augenschein nach identisch zu meinen Weichen.

Aber der Stellhebel nicht. Zu meinen vier vorhandenen Stellhebeln weicht er ab.
1. Der Pfeil im Gewicht geht nach links, bei meinen gehen alle Pfeile nach rechts, egal wie man die Hebel dreht.
2. Die Hebelstange ist durchgängig aus Blech, das obere Griffstück aus Blei wurde weg gelassen. Indiz für ein jüngeres Baujahr?
3. Die Stellstange geht zwar noch unter der Schwelle durch, aber es fehlt die Kerbe in der der Querstift eingelötet war. Das heißt, die bei mir vorhabene Feder-Sperre müßte anders gelöst sein.

Wenn der hier gezeigte Hebel als Nachfolger von meinen gedeutet werden könnte fangen wir aber wieder von vorn an.
Stefan hatte anhand eines Bildes mit dem "Knubbelhebel" die Zuschreibung zu Issmayer gemacht.

Mit diesen Hebel hier wären wir aber wieder bei Carette. Oder habe ich etwas verdreht?

Zitat von snroettg im Beitrag #12

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Der Hebel hatte sich in einem Issmayer Konvolut versteckt. Hier das ganze Bild:



Die Schwellen sind schon verlascht und nicht mehr verlötet, d.h. das Baujahr dürfte etwas später ab ca. 1910 sein.

Die Schwellenlaschen sind lustig: Es sind separate Blechteile, die oben um die Schwelle greifen und unten mit zwei weiteren Laschen in der Schwelle befestigt sind. Zusätzlich haben die Schienen eine 8er Prägung auf der mittleren Schwelle.