Adolf Schuhmann für Doll oder Doll für Schuhmann ?

Manchmal entdeckt man durch Zufall wirklich verwunderliches. Heute hatte ich diverse Tender sortiert und dabei standen zwei identische nebeneinander. Allerdings war der eine von Schuhmann und der andere von Doll.

Es ist definitiv keine Kopie, die Tender sind wirklich identisch, selbst Kupplungen und Räder sind gleich. Wer hat hier für wen gebaut ?










mit bestem Gruß
Arne

Der Tender gehört zu einer Lok, die ohnehin etwas aus der Doll Reihe tanzt. Bis jetzt hatte ich das Gehäuse der Lok ursprünglich eher Distler zugeordnet.

Ich nehme an Ihr meint diese Lok von "Doll":



Die fällt von der einfachen kantigen Form im Vergleich zum anderen Doll Programm tatsächlich ziemlich aus dem Rahmen. Man könnte bei Doll zur Abrundung des Programms nach unten diese Lok bei Schuhmann eingekauft haben.

Im Doll Katalog Nr. 38sp ist nicht nur diese Lok zu finden, sondern auch eine Lok 4/705/0 von Distler mit ähnlich kantigen aber längerem Tender. Auch diese Lok passt nicht so recht zum restlichen Programm. Man hat also anscheinend nicht nur bei Schuhmann dazugekauft.

Entweder waren das Versuche von Doll durch Zukauf das eigene Eisenbahnprogramm anzureichern. Oder Schuhmann ist sein Material wegen der Ressentiments gegen jüdische Firmen selber nicht losgeworden und musste neue Vertriebswege einschlagen. Natürlich nur eine Vermutung, aber es ist schon auffällig, das gleich zwei fremde Loks bei Doll im Programm zu finden sind.

Wenn dem so ist, müsste Schuhmann aber gegen Ende elektrische Loks im Programm gehabt haben. Bisher sind mir von Schuhmann aber nur Uhrwerksloks bekannt. Interessant ist, dass laut Katalog auch die Distler Lok 4/705/0 dasselbe elektrische Laufwerk wie die Schuhmann Lok 4/701/0 hatte, obwohl mir auch von Distler eigentlich keine elektrischen Loks bekannt sind.

Eine Erklärung für diese Merkwürdigkeit wäre, dass man bei Distler und Schuhmann billig die Gehäuse eingekauft hat und dann einen eigenen elektrischen Antrieb daruntergeschraubt hat und dann deutlich teurer weiterverkaufen konnte.

Hier die Distler Lok aus dem Doll Katalog Nr. 38:



Der Tender ist identisch mit einem Distler Tender. Auch die Lok ist identisch bis auf den angedeuteten Belpaire Kessel und eine andere Nummer. Und natürlich gibt es einen elektr. Motor anstelle des Uhrwerks. Bis auf diese Unterschiede ist die Lok sehr Distler-typisch.

Edit: Hier noch die entsprechende Lok aus dem 1937er Distler Katalog:



Wenn Doll wie man sieht bei Distler zugegriffen hat, wieso also dann nicht auch bei Schuhmann. Insofern ist die Titelfrage beantwortet. Nicht Schuhmann bestellt bei Doll, sondern Doll bei Schuhmann.

Der Motor ist mit Sicherheit nachträglich eingebaut worden. Man sieht die von Hand eingeritzte Hilfslinie für das Bohrloch und den Ausschnitt für den Schlüssel, um das ursprüngliche Uhrwerk aufzuziehen..

Guten Morgen zusammen,

schaut mal hier, dort seht Ihr die passende Lok von DOLL.
Das Gehäuse von Distler wurde auf ein Fahrwerk von DOLL montiert. Die Lok im Archiv ist eine originale (!) DOLL Lok . Distler hat ja auch Güterwagen an DOLL geliefert, bzw gemeinsam mit DOLL entwickelt.

Zurück zu Schumann:

Da Lok und Tender der 4/701/0 von der Machart ziemlich gleich sind schließe ich einen Zukauf bei Schumann nicht aus. Der Tender wirkt zumindest "günstiger" Produziert als die originalen DOLL Tender.
Das Fahwerk ist allerdings m.E. nach von DOLL produziert worden.

Vermutlich lässt es sich heute nicht mehr lückenlos klären wer wem was zugeliefert hat. Aber es ist durchaus üblich gewesen das bei anderen Firmen eingekauft wurde.

Schöne Grüße

Jörg

Jörg schreibt: "Distler hat ja auch Güterwagen an DOLL geliefert, bzw gemeinsam mit DOLL entwickelt."

Nach meiner Einschätzung ist letzteres unwahrscheinlich. Genau wie Doll Fertig-Lokteile eingekauft hat, um sie dann mit Elektromotor auszustatten, hat man die Motiv-Wagen - sie waren ja auch ein echter Hingucker - wahrscheinlich einfach bei Distler eingekauft.

Bei gemeinsamen Entwicklungen gibt es immer das Problem, dass man dann eigentlich an zwei Standorten die Produktionsanlagen hätte doppelt vorhalten oder den Maschineinsatz dem jeweiligen Entwicklungspartner hätte vergüten müssen. Produktionswirtschaftlich rentiert sich eine echte gemeinschaftliche Zusammenentwicklung nur in wenigen Fällen. Wirtschaftlicher ist es hingegen fertige Teile einzukaufen oder gleich die ganzen Wagen engros einzukaufen und mit einer kleinen Marge weiterzuverkaufen, um Lücken im eigenen Portfolio zu schließen. Dafür gibt es unzählige Beispiele.

Das ist natürlich nur eine Vermutung. Um das konkret entscheiden zu können, müsste man das früheste Auftauchen der Wagen in den entsprechenden Katalogen betrachten. Wenn sie nicht gleichzeitig auftauchen, kann eine Zusammenarbeit ausgeschlossen werden. Leider gibt es nur sehr wenige Kataloge von den beiden Herstellern, so dass diese Beweisführung schwierig ist. Für den Moment kann man daher nur schlußfolgern, dass eine Zulieferung der Motiv-Wagen von Distler an Doll um einiges wahrscheinlicher ist.

Hallo an die Interessierten,
zur absoluten Klarheit zu den aufgeworfenen Fragen kann ich zwar nicht beitragen.
Doch zu den Beiträgen # 3 und #10 von Stefan ist folgendes gesichert.

1.
Das Foto zeigt die Lok mit Tender des Expreßzuges von Schuhmann ("Expresszug" steht auf dem Deckelbild).
Der Expreßzug ist in der Preisliste vom 1. Januar 1928 enthalten.
Er war damals der größte Zug von Schuhmann, Sitzwagen und Speisewagen mit Inneneinrichtung.
Der eckige Tender ist mit Sicherheit der erste der "großen" Tender von Schuhmann.
Er ist mit "AS" gemarkt.
Die späteren Tender - enthalten in dem von mir auf 1935 datierten Katalog - haben eine abgerundete Form.

2.
Mein Tender ist rot. Es gibt ihn auch in grün und in weiteren Farben, wie #1 zeigt.

3.
Ob Schuhmann an Doll und an Distler geliefert hat, oder Distler an Schuhmann und Doll, weiß ich nicht.
Bemerkenswert ist, daß nicht nur die Familien Schuhmann und Gottlieb jüdisch waren, sondern auch die Familie Doll und ebenso die Inhaber von Distler: Luwig Heussinger, Adolf Braun und Ludwig Meyer (lt. Lexikon Cieslik).
Es ist anzunehmen, daß man sich kannte, vielleicht sogar befreundet war.
Es ist möglich, daß man sich gegenseitig durch Zulieferungen unterstützte, um den zunehmenden Repressalien des NS-Regimes standzuhalten.

4.
Ich führe eines meiner "Lieblingsthemen" an.
Es gab in den 1920er und 1930er Jahren in Nürnberg, besonders in den Stadtteilen Gostenhof und Rosenau, eine Vielzahl kleiner blechverarbeitender Betriebe.
Betriebe, von denen wir heute kaum etwas wissen. Betriebe, die einzelne Teile oder auch bestimmte komplette Artikel herstellten und an die etablierten Spielzeughersteller lieferten.

Wenn man die umfangreichen Sortimente von Schuhmann, Bub, Distler und anderen Herstellern systematisch durchsieht, dann fallen immer wieder Artikel auf, insbesondere in den Randsortimenten, die so gar nicht zum übrigen Sortiment passen.
Hatte man genug Geld, um die Werkzeuge für alle Artikel des Sortimentes selbst zu fertigen ?
Oder bezog man bestimmte Artikel von einem kleinen Hersteller ein paar Straßen weiter ?
Insbesondere bei Schuhmann frage ich mich, wie das überaus umfangreiche Sortiment vollständig in dem engen mehrstöckigen Fabrikgebäude hergestellt wurde ?

5.
Stefan: Schuhmann hat auch elektrische Bahnen hergestellt.
Im Katalog 1935 sind zwei verschiedene Bahnen enthalten, sogar mit Stellwerk.
Allerdings nicht mit den großen Loks, die Doll oder Distler oder einem Bastler zuzuschreiben sind, sondern deutlich kleinere Loks.
Die elektrischen Bahnen wurden 1938 nicht von Beckh übernommen.

Dieter

Und jetzt die große Schuhmann-Lok von 1928 mit dem eckigen Tender, mit "AS" gemarkt, nach meiner Überzeugung von Schuhmann (oder von Distler, Doll oder von wem auch immer).

Nachtrag zu #10:

Die Motivwagen sind eindeutig von Distler an Doll zugeliefert worden - mit folgender Begründung: Im Distler-Katalog von 1938 sind sie bereits abgebildet - in der Preisliste von Doll von 1938 sind sie hingegen nicht enthalten. Das immer wieder kursierende Gerücht von der "gemeinsamen Entwicklung" kann also nicht stimmen. Die Wagen sind irgendwann ab 1939 für eine kurze Zeit von Doll bei Distler dazugekauft worden. Edit: Siehe Korrektur des Zeitraums in #16.

Selbiges gilt auch für die weiter oben abgebildeten Lok-Gehäuse von Distler und Schuhmann.

Und analog gilt das umgedreht auch für die Überschlagbahn, die Distler bei Ess-Dee dazugekauft hat und nicht von Distler selber hergestellt wurde, obwohl sie im 1938er Distler Katalog abgebildet ist. Zu Ess-Dee siehe auch bei Cieslik.

Hallo zusammen .
Möchte an dieser Stelle auch meinen Beitrag zu diesem schwierigen Thema geben . In meinem Doll Gesamt-Katalog von 1937 wurden diese Wagen schon angeboten .
Meines Erachtens war das der letzte Doll Gesamtkatalog , dieser galt auch 1938 . Es gab 1938 nur ein 2-seitiges Blatt mit Neuheiten . Dieses Blatt und die Preislisten von 1938 lagen meinem Katalog
von 1937 bei . In der Preisliste für die Eisenbahn sind die Wagen 5/591-593 aufgeführt . Warum die 5/594-596 fehlen kann ich nicht sagen .




Schöne Grüße Jens

Hallo Jens

bei der Katalognummerierung von Doll sehe ich nicht durch.
Ein erster Katalog müsste 1897 noch mit Franz Bauer (BD&Co) erschienen sein.
1915 - 1921? erschien wohl kein Katalog.

Ich vermute, dass bei den späteren Katalogen beim Hauptkatalog jeweils nur das Titelblatt angepasst wurde und dann die jeweiligen Nachträge mit eingebunden wurden.

Ich kenne nur den Katalog Nr. 37 aus DAN Band 1 mit den Nachträgen zu Nr. 31, 1933 und 1938.

Dabei wäre der Hauptteil von 1931 und die Nachträge von 1932 (Nr. 31) und 1933 und Neuheiten erschienen erst wieder 1938 als Käthe und Jobst Fleischmann den Betrieb übernommen hatten.

Die Preisliste von 1938 entspräche dann dem noch lieferbaren Programm.

Das ist meine Theorie, vielleicht kann das jemand bestätigen oder widerlegen..

Gruss Domenik

Hallo Domenik

Von 1915 -1920 sind mir auch keine Kataloge bekannt .Wahrscheinlich hatte der 1.Weltkrieg (1914-1918) Einfluss darauf . Den Katalog von 1921 besitze ich allerdings .
Meines Erachtens entsprach nach 1900 die Katalognummer der Jahreszahl . Bei frühen Katalogen war noch die Jahreszahl auf der Titelseite abgebildet .
Die Nachträge von 1931 und 33 aus DAN Band 1 beziehen sich nicht auf den Katalog von 1937 , es werden ja Sachen gezeigt die im Katalog von 1937 zum größten Teil schon enthalten sind .
Der Nachtrag 1938 hingegen zeigt nur Sachen die im Katalog 1937 noch nicht enthalten sind . Ich besitze auch den Katalog von 1931 . Der Nachtrag 1931 aus DAN Band 1 zeigt auch nur Sachen
die im Katalog von 1931 noch nicht enthalten sind .

Schöne Grüße Jens

Nochmal kurz zusammengefasst: Der 38sp Katalog von Doll (in dem die Motivwagen nicht mehr enthalten sind laut Preisliste) datiert später als der oben gezeigte 1938er Katalog bzw. Preisliste (in dem die Nummern der drei Motivwagen 5/591-5/593 noch enthalten sind), weil dieser noch vor der Übernahme durch Fleischmann gedruckt wurde, der 38sp danach.

Die entscheidende Frage ist, wieso Fleischmann diese Wagen nicht übernommen hat. Wieso sollte man diese beliebten und schönen Wagen nicht übernehmen, wenn sie auf einer Eigenproduktion von Doll beruht haben? Wahrscheinlicher ist n.m.M., dass man sie nicht übernommen hat, weil sie oder zumindestens die Wagenkästen sowieso nur zugekauft waren.

Das ist natürlich an sich keine besonders standfeste Begründung. Aber: Wieso verkauft dann Distler die Wagen nach der Übernahme von Doll durch Fleischmann weiter? Das kann ja nur der Fall gewesen sein, wenn Distler die Wagen selber produziert hat. Das ist schon eher ein konkretes Argument für die Zulieferung (mindestens der Wagenkästen) von Distler an Doll. Das wird unterstützt dadurch, dass im Doll Katalog von 1937 nur drei Wagen enthalten sind - im Distlerkatalog von 1937 hingegen 6 Stück. Wenn Doll diese nicht mehr produziert hat, muss es Distler gewesen sein. Andererseits war Distler bereits 1936 an Voelk verkauft worden. Er könnte einen Teil der Distlerproduktion in den Folgejahren ausverkauft haben, weshalb die Motivwagen evtl. bei Doll auftauchen. Insgesamt ist die Gemengelage von Distler/Voelk/Doll/Fleischmann sehr undurchsichtig, so dass sich da wohl keine endgültige Aussage treffen lässt, solange nicht noch mehr Kataloge z.B. aus 1936 auftauchen.

Meine Schlussfolgerung in #12, dass bei Doll die Motivwagen um 1939 ins Programm kamen, war natürlich Quatsch - die Wagen müssen in einem kurzen Zeitraum von ca. 1937 bis zur Übernahme durch Fleischmann gegen Ende 1938 im Programm gewesen sein.

Mal was ganz anderes: Die 2-achsigen Motivwagen von Doll und Distler haben verschiedene Untergestelle. In den mir verfügbaren Katalogen von Doll und Distler kann ich kein einziges Modell erkennen, welches in beiden Katalogen gleichzeitig abgebildet wäre. Kann es sein, dass das niemand zugeliefert hat, sondern beide ihre eigenen Motivwagen hatten, die sich zwar sehr geähnelt haben, aber trotzdem jeweils Eigenproduktionen waren? Das erscheint mir zumindestens die Widersprüche aufzulösen. Wenn dem nicht so ist, dann würde ich hier gerne mal 2 Wagen von Doll und Distler nebeneinander abgebildet sehen, die wirklich gleich aussehen.

Hallo zusammen .

Hier einmal ein weiterer Hinweis das Doll diese Wagen von Distler zugekauft hat . Deutlich zu erkennen das das Distler Zeichen mit dem "DC" von Doll überklebt wurde .



Schöne Grüße Jens

Wunderbar. Endlich finden die Vermutungen eine Bestätigung.

Hier die passende Abbildung zu obigem Wagen aus #18. Der Wagen ist einer aus der "Neutralen Serie" von Distler ohne länderspezifische Aufschriften - wahrscheinlich zu Exportzwecken:



Auf dem linken sieht man recht gut das JDN Logo in der rechten unteren Ecke, welches Doll mit dem eigenen Logo überkleben musste:



Es gab die Motivwagen in 19 und 21.5cm Länge, wobei die letzteren eigentlich 4 Achser waren, aber auf Wunsch auch als 2-Achser bestellt werden konnten. Der Wagen aus #18 ist ein solcher.

Insgesamt verdeutlicht das nun, dass die Motivwagen wie vermutet von Distler an Doll zugeliefert wurden (bis ca. Ende 1938).

DIESE Wagenserie gab es aber doch nur in einer Länge!

Die Zweiachser wirken etwas höher als die Vierachser, sind sie wohl tatsächlich auch. Die Vierachser wirken optisch länger. Das kann man ja durch die Wahl der passenden Lok etwas unterstützen....

Wie gesagt gab es diese Wagen in 19 und 21 cm. Die 19cm Wagen waren 2-Achser mit einfacher Hakenkupplung, so dass sie trotz desselben Wagenkastens nur insgesamt 19cm maßen. Die 21cm Wagen waren normalerweise 4-Achser mit einem anderen Untergestell und hatten gleichzeitig eine bessere Bing-ähnliche Kupplung, weshalb sie über alles 21cm maßen. Es gab sie auch optional als 2-Achser. Der Wagenkasten war trotzdem immer derselbe, aber das Untergestell war je nach Variante verschieden. Ob die Wagen dadurch evtl. verschieden hoch oder lang wirken müsste man mal gegenüberstellen. Hat jemand alle drei Varianten zum Zeigen?